ADHS bei Kindern & Jugendlichen – verstehen, einordnen, sicher begleiten

Wenn Alltag, Konzentration und Emotionen aus dem Gleichgewicht geraten

ADHS gehört zu den häufigsten neuropsychologischen Störungsbildern im Kindes- und Jugendalter – und gleichzeitig zu den am meisten missverstandenen. Viele Eltern erleben ihr Kind als kreativ, zugewandt und lebhaft, gleichzeitig aber auch impulsiv, unruhig oder schnell überfordert. Jugendliche mit ADHS berichten oft von innerer Unruhe, Konzentrationsschwierigkeiten, Leistungsdruck und dem Gefühl, ständig „hinterherzuhinken“.

Die Unsicherheit ist groß: Handelt es sich um Temperament? Eine Entwicklungsvariante? Schulstress? Oder tatsächlich um ADHS?
Und wenn ja: Welche Behandlungsmöglichkeiten sind sinnvoll – und welche nicht?

In meiner telemedizinischen Beratung geht es darum, genau diese Fragen ruhig, fachärztlich und ohne Vorannahmen zu klären. Nicht jede Konzentrationsschwierigkeit ist ADHS, und nicht jede Unruhe muss behandelt werden. Gleichzeitig ist frühzeitige Orientierung hilfreich, wenn sich Symptome verdichten.

Wie ADHS sich im Alltag zeigt

Kinder und Jugendliche mit ADHS wirken selten „durchgehend“ auffällig. Viel häufiger schwanken Symptomschwere und Verhalten je nach Umgebung, Belastung, sozialer Situation und Tagesform. Typische Bereiche, in denen ADHS sichtbar wird:

1. Aufmerksamkeit & Konzentration

  • rasche Ablenkbarkeit

  • Schwierigkeiten, Aufgaben zu beginnen oder zu Ende zu bringen

  • „Abschalten“ in der Schule, besonders bei monotonen Aufgaben

  • häufige Flüchtigkeitsfehler

2. Impulsivität

  • vorschnelles Handeln

  • Schwierigkeiten, abzuwarten

  • spontane emotionale Reaktionen

  • Konflikte mit Gleichaltrigen

3. Hyperaktivität (vor allem bei Kindern)

  • starker Bewegungsdrang

  • „nie stillsitzen können“

  • Gefühl, „immer an“ zu sein

4. Innere Unruhe (häufiger bei Jugendlichen)

  • gedankliche Überlastung

  • ständige Ablenkbarkeit im Kopf

  • Schwierigkeiten, zur Ruhe zu kommen

  • Schlafstörungen

5. Emotionale Regulation

Viele Jugendliche mit ADHS berichten nicht primär von Unruhe, sondern von:

  • Selbstzweifeln

  • Stimmungsschwankungen

  • Überforderung

  • hoher Empfindlichkeit bei Kritik

Gerade dieser emotionale Bereich wird häufig übersehen, obwohl er für die Betroffenen oft am belastendsten ist.

Orientierung erhalten

Was ADHS
nicht ist

Eltern hören häufig gut gemeinte, aber falsche Erklärungen:
„Das ist nur Erziehung.“
„Das verwächst sich.“
„Er muss sich mehr anstrengen.“

ADHS ist keine Charakterfrage und keine Willensschwäche.
Es ist eine neurobiologische Funktionsvariante, die mit bestimmten Stärken und Herausforderungen einhergeht.

Gleichzeitig gilt:
Nicht jeder Bewegungsdrang und nicht jede Konzentrationsschwäche ist ADHS.
Deshalb ist eine fachärztliche Orientierung so wichtig – nicht als Diagnose, sondern als Einordnung.

Gerade Jugendliche kompensieren ihre Schwierigkeiten lange, indem sie sich extrem anstrengen, sozial anpassen oder hohe Perfektionsansprüche entwickeln. Oft fällt ADHS erst auf, wenn:

  • die schulischen Anforderungen steigen

  • der Übergang zur weiterführenden Schule ansteht

  • Leistungsdruck zunimmt

  • emotionale Belastungen auftreten

  • Strukturen wegfallen

Bei Mädchen wird ADHS besonders oft übersehen, da sie weniger hyperaktiv und eher still oder träumerisch wirken.
Auch überdurchschnittlich begabte Kinder entwickeln manchmal „Strategien“, die Symptome verdecken – bis sie irgendwann nicht mehr ausreichen.

Warum ADHS oft übersehen oder zu spät erkannt wird

Einschätzung gewinnen

Was ADHS begünstigen kann – ohne Schuldzuweisungen

ADHS entsteht nicht durch Erziehung, Medienkonsum oder familiäre Struktur.
Die Ursachen sind vielfältig:

Biologische Faktoren

Genetische Einflüsse, Besonderheiten in Informationsverarbeitung und Stimulationsempfindlichkeit.

Entwicklung & Temperament

Sensible, impulsive oder besonders reaktive Kinder sind anfälliger für Überlastung.

Schulische Anforderungen

Wachsende Komplexität, Druck, schnelle Wechsel zwischen Aufgaben.

Psychosoziale Belastungen

Konflikte, Stress, Mobbing oder Überforderung können Symptome verstärken.

Schlaf & Mediennutzung

Nicht Ursache, aber verstärkender Faktor, vor allem bei fehlenden Strukturen.

Wichtig: Ursachensuche sollte nie mit Verantwortungsfragen vermischt werden.
Eltern sind keine „Verursacher“ – und Kinder haben sich ADHS nicht ausgesucht.

In der Beratung bespreche ich individuelle Möglichkeiten, etwa:

  • klare, verlässliche Tagesstrukturen

  • einfache, visuelle To-do-Listen

  • Entlastung bei Aufgaben, die nachweislich besonders schwerfallen

  • Reduktion von Überforderung

  • Priorisierung, ohne Perfektionismus

  • ruhige, klare Kommunikation

  • Umgang mit Hausaufgaben ohne ständige Konflikte

Oft ist schon eine kleine Anpassung im Alltag spürbar entlastend.

Wie Eltern unterstützen können

Beratung für Eltern und Jugendliche

Wie eine Beratung Orientierung und Sicherheit schafft

Viele Familien berichten, dass sie vor allem einen klaren Überblick brauchen: Was ist relevant? Was kann warten? Und welche nächsten Schritte sind sinnvoll, ohne den Alltag zusätzlich zu belasten? Genau hier biete ich Unterstützung – ruhig, transparent und fachlich fundiert.

Die telemedizinische Beratung ersetzt keine Diagnostik, Therapie oder medizinische Behandlung.
Sie bietet jedoch:

  • eine strukturierte Einordnung, welche Symptome und Verhaltensweisen bedeutsam sind

  • eine Einschätzung, welche Faktoren ADHS-typisch wirken und welche eher nicht

  • Orientierung zu anerkannten diagnostischen und therapeutischen Wegen

  • Unterstützung, wie Sie als Eltern den Alltag ohne Überforderung gestalten können

  • eine unabhängige Sicht, wenn Sie zwischen verschiedenen Einschätzungen stehen

  • Hinweise, wie stark die Belastung tatsächlich wirkt und ob zeitnahes Handeln sinnvoll ist

Ich helfe Ihnen, die Situation so zu verstehen, dass Sie klare und tragfähige Entscheidungen treffen können.

Wann professionelle Hilfe sinnvoll ist

Schritte werden erwogen, wenn:

  • die schulischen Anforderungen dauerhaft nicht bewältigt werden

  • soziale Konflikte häufiger auftreten

  • starke emotionale Schwankungen bestehen

  • Selbstwertprobleme zunehmen

  • das Kind oder der Jugendliche dauerhaft überfordert wirkt

  • große innere Unruhe oder Impulsivität den Alltag beeinträchtigen

Meine Aufgabe ist, die Dringlichkeit realistisch einzuschätzen und Ihnen Wege zu zeigen, die fachlich sinnvoll sind.

Was im Rahmen der Beratung nicht erfolgt

Die Beratung dient der Orientierung, nicht der Behandlung. Sie erhalten

  • keine abschließenden Diagnosen,

  • keine Verordnungen oder Rezepte,

  • keine laufende Psychotherapie.

Falls eine Behandlung nötig ist, sollten Sie einen Kinder- und Jugendpsychiater oder Kinder- und Jugendpsychotherapeuten vor Ort aufsuchen.

Verständnis ist der erste Schritt

Häufig gestellte Fragen

ADHS zeigt sich selten durch ein einziges, deutliches Symptom. Häufig bemerken Eltern eher eine Serie kleinerer Hinweise, die sich über Wochen oder Monate wiederholen: starke Ablenkbarkeit, langes Hinauszögern von Aufgaben, impulsives Verhalten, emotionale Überreaktionen oder das Gefühl, „ständig in Bewegung“ zu sein. Manche Kinder träumen oft weg, wirken vergesslich oder verlieren im Alltag den Überblick.

Entscheidend ist nicht, ob ein Kind manchmal unruhig oder unkonzentriert ist – das ist normal. Relevant wird es, wenn diese Muster regelmäßig auftreten, über mehrere Lebensbereiche hinweg bestehen (Schule, Zuhause, soziale Kontakte) und den Alltag beeinträchtigen.

Eine fachärztliche Orientierung hilft, typische Muster von altersangemessenem Verhalten zu unterscheiden.

Ja. Besonders bei Mädchen und Jugendlichen überwiegt oft die „unaufmerksame Form“. Diese zeigt sich nicht durch motorische Unruhe, sondern durch:

  • leichte Ablenkbarkeit,

  • langsames Arbeitstempo,

  • innere Unruhe,

  • Schwierigkeiten, Gedanken zu sortieren,

  • hohe Erschöpfbarkeit,

  • Selbstzweifel.

Solche Kinder und Jugendlichen fallen häufig erst spät auf, weil sie sich angepasst verhalten und Probleme eher verbergen als zeigen. Viele entwickeln kompensatorische Strategien (Perfektionismus, Überanstrengung), die ab einem bestimmten Punkt nicht mehr ausreichen.

Gerade deshalb ist eine frühzeitige Einordnung hilfreich.

Eine Abklärung ist empfehlenswert, wenn:

  • schulische Anforderungen dauerhaft nicht bewältigt werden,

  • Hausaufgaben dauerhaft zu Konflikten führen,

  • emotionale Schwankungen stark zunehmen,

  • soziale Probleme auftreten,

  • das Kind oder der Jugendliche sich überfordert fühlt,

  • ständige Ablenkbarkeit den Alltag erschwert.

Je früher verstanden wird, was hinter den Schwierigkeiten steht, desto gezielter lassen sich passende Wege finden. Eine Abklärung bedeutet nicht automatisch eine Diagnose – sondern Klarheit.

Viele Kinder haben viel Energie. Der Unterschied zu ADHS liegt in der Steuerbarkeit und Konsequenz der Symptome.
Ein energiegeladenes Kind kann sich mit Unterstützung beruhigen, Aufgaben bewältigen und Situationen anpassen.
Bei ADHS bleiben Unruhe und Ablenkbarkeit überdauernd, auch trotz Bemühungen und guter Rahmenbedingungen.

ADHS ist also keine Frage der Willenskraft – sondern ein Muster, das sich durch die gesamte Entwicklung zieht.

Im Jugendalter verschiebt sich das Bild deutlich: Hyperaktivität nimmt ab, dafür treten innere Unruhe, Selbstzweifel, Perfektionismus, Schlafprobleme und emotionale Anspannung stärker in den Vordergrund.

Viele Jugendliche berichten von:

  • ständiger gedanklicher Ablenkung,

  • Schwierigkeiten, Prioritäten zu setzen,

  • Überforderung durch schulische Anforderungen,

  • Frustration über unerreichte Ziele,

  • dem Gefühl, „nicht mitzuhalten“,

  • Anspannung in sozialen Situationen.

Diese Form ist häufig „unsichtbar“ – für Eltern, Lehrkräfte und Außenstehende.

Ja. Schwierigkeiten in der Emotionsregulation gehören zu den häufigsten Begleiterscheinungen. Kinder und Jugendliche reagieren oft schneller, intensiver und länger anhaltend auf Belastungen.

Typisch sind:

  • plötzliche Frustration,

  • Gereiztheit,

  • Überwältigtsein,

  • Rückzug nach Konflikten,

  • Selbstzweifel.

Diese Reaktionen sind nicht Ausdruck von „Empfindlichkeit“ oder „Dramatisierung“, sondern Teil der neuropsychologischen Besonderheiten.

Sehr häufig. ADHS wirkt sich besonders dort aus, wo:

  • monotone Aufgaben erledigt werden sollen,

  • hohe Konzentration gefordert ist,

  • Organisation wichtig ist,

  • Priorisierung und Struktur gebraucht werden.

Viele Kinder haben das Wissen, aber Schwierigkeiten, es zum richtigen Zeitpunkt abzurufen. Das führt zu Frust – und häufig zu einem ungerechtfertigten Eindruck von „Faulheit“.

Nicht unbedingt.
Viele Familien benötigen zunächst eine fachärztliche Einordnung, um zu verstehen, wie ausgeprägt die Symptome sind und ob tatsächlich ADHS im Vordergrund steht.

Eine Therapie ist sinnvoll, wenn:

  • deutliche Beeinträchtigungen bestehen,

  • soziale oder schulische Probleme anhalten,

  • das Kind emotional stark belastet ist.

Die Beratung zeigt Ihnen, ob direkter Handlungsbedarf besteht oder ob zunächst Beobachtung, Struktur und Unterstützung im Alltag ausreichen.

Medikamente können wirksam sein, wenn ADHS ausgeprägt ist und der Alltag stark beeinträchtigt wird.
Sie werden jedoch ausschließlich im persönlichen ärztlichen Kontakt erwogen – nicht im Rahmen der telemedizinischen Beratung.

In der Beratung geht es darum, zu verstehen:

  • ob Medikamente grundsätzlich eine Option sind,

  • welche Alternativen existieren,

  • welche Faktoren bei der Entscheidung eine Rolle spielen.

Ja, absolut.
ADHS ist keine Einschränkung der Fähigkeiten, sondern verändert lediglich, wie Informationen verarbeitet und Prioritäten gesetzt werden. Viele Kinder und Jugendliche mit ADHS sind kreativ, einfallsreich, humorvoll und belastbar. Mit der passenden Unterstützung können sie ihre Stärken gut einsetzen.

Ja. Viele Jugendliche möchten ihre Schwierigkeiten lieber selbst schildern, ohne dass Eltern dabei sind.
Gemeinsam wird vorher geklärt, wie mit Informationen umgegangen wird und ob ein späteres gemeinsames Gespräch sinnvoll ist.

Wenn starke Verzweiflung, Hilflosigkeit oder Hinweise auf Selbstverletzung auftreten, ist sofortiges Handeln notwendig:

  • 112

  • 116117

  • 116111 (Nummer gegen Kummer)

  • 0800 1110111 (Telefonseelsorge)

Für alle nicht-akuten Fälle dient die telemedizinische Beratung dazu, Sicherheit zu gewinnen und die nächsten Schritte besonnen zu planen.