Selbstverletzendes Verhalten & Suizidalität – Orientierung für Jugendliche und Eltern

Wenn Anspannung, Überforderung oder Hoffnungslosigkeit zu riskantem Verhalten führen

Selbstverletzendes Verhalten und suizidale Gedanken gehören zu den belastendsten Situationen im Jugendalter – für die Betroffenen selbst, aber auch für Eltern, Geschwister und das gesamte Umfeld. Oft beginnen solche Verhaltensweisen leise: ein Rückzug, eine Überforderung, unerklärliche Stimmungseinbrüche oder Verletzungen, die „irgendwie passiert“ sind.

Viele Jugendliche berichten von einem Gefühl innerer Spannung, das so stark wird, dass sie es „irgendwie unterbrechen müssen“. Andere erleben emotionale Zustände, die sich nicht in Worte fassen lassen. Manche fühlen sich leer, manche tief erschöpft, manche haben das Gefühl, kaum noch Kraft zu haben.

Eltern hingegen stehen häufig zwischen Sorge, Hilflosigkeit und Angst, etwas falsch zu machen. Gleichzeitig herrscht Unsicherheit darüber, wie akute oder chronische Selbstverletzung eingeordnet werden soll – und welche Schritte wirklich sinnvoll sind.

Meine telemedizinische Beratung bietet in dieser schwierigen Situation Orientierung, fachärztliche Einordnung und Unterstützung, um zu verstehen, wie dringend die Lage ist und welche nächsten Schritte notwendig sind.

Wie selbstverletzendes Verhalten entsteht – ein verständlicher Überblick

Selbstverletzung ist keine „Suche nach Aufmerksamkeit“ und kein Manipulationsversuch.
Sie ist eine Form der emotionalen Selbstregulation.

Typische Gründe sind:

Abbau innerer Anspannung

Viele Jugendliche erleben Gefühle so intensiv, dass sie keinen anderen Weg sehen, diese Spannung zu reduzieren.

Bewältigung von emotionaler Überforderung

Wenn Emotionen zu schnell, zu stark oder zu lange anhalten.

Unterbrechung belastender Zustände

Bei innerer Leere, Taubheit oder Dissoziation.

Ausdruck von Belastungen, die nicht verbalisiert werden können

Traumatische Erfahrungen, Mobbing, Konflikte oder Einsamkeit.

Fehlende funktionale Bewältigungsstrategien

Viele Jugendliche wissen schlicht nicht, wie sie auf überwältigende Gefühle reagieren sollen.

Selbstverletzung ist ein Symptom, kein Charaktermerkmal. Der Fokus sollte darauf liegen, warum es passiert – nicht dass es passiert.

Orientierung erhalten

Suizidale Gedanken – was sie bedeuten und was nicht

Suizidalität ist ein Spektrum. Nicht jeder Gedanke bedeutet konkrete Gefahr. Viele Jugendliche sagen:
„Ich habe manchmal das Gefühl, ich würde lieber nicht mehr existieren.“
Solche Gedanken sind Hinweise auf Belastung – nicht automatisch Ausdruck eines akuten Risikos.

Andere wiederum haben konkrete Vorstellungen oder Pläne. Dann steigt die Dringlichkeit deutlich.

Wichtig ist, suizidale Gedanken nicht zu bagatellisieren, aber auch nicht zu dramatisieren. Eine ruhige, fachärztliche Einordnung ist entscheidend.

Die Formen sind vielfältig:

  • Schneiden, Ritzen, Kratzen

  • Schlagen gegen Wände oder Gegenstände

  • Verbrennen

  • riskantes Verhalten bewusst in Kauf nehmen

  • Essanfälle oder Hungern als Spannungsabbau

  • exzessiver Sport zur Selbstbestrafung

Oft liegen die Verletzungen an unauffälligen Stellen (Oberschenkel, Bauch, Unterarme). Viele Betroffene verbergen ihre Wunden aus Scham, nicht aus Manipulation.

Wie sich selbstverletzendes Verhalten zeigt

Einschätzung gewinnen

Der Unterschied zwischen Selbstverletzung und Suizidalität

Nicht jede Selbstverletzung ist suizidal – aber sie erhöht das Risiko. Selbstverletzung dient häufig der Spannungsreduktion, während Suizidalität Ausdruck von Hoffnungslosigkeit oder Überforderung ist.

Beides sollte ernst genommen werden, auch wenn der Jugendliche sagt, „es ist nicht so schlimm“.
Ziel meiner Beratung ist, die Dringlichkeit realistisch einzuschätzen.

Viele Jugendliche berichten, dass ihnen hilft:

  • verstanden zu werden, ohne Druck

  • klare Strukturen im Alltag

  • Pausen bei emotionaler Überlastung

  • Alternativen zur Spannungsregulation

  • Gespräche, in denen sie offen sein dürfen

  • Unterstützung ohne moralische Bewertung

Ein Gespräch auf Augenhöhe kann bereits entlastend wirken.

Was Jugendlichen hilft

Beratung für Eltern und Jugendliche

Was Eltern und Jugendliche in der Beratung erhalten

Die telemedizinische Beratung bietet eine ruhige und sichere Einordnung einer hochsensiblen Situation.

Sie erhalten:

  • eine fachärztliche Einschätzung, wie riskant das Verhalten wirkt

  • eine Orientierung, welche Faktoren auf akute Gefahr hinweisen

  • Hilfestellung, wie Sie als Eltern reagieren können, ohne Eskalation oder Rückzug auszulösen

  • Unterstützung, wie Jugendliche ihre innere Anspannung verstehen und in Worte fassen können

  • Hinweise, welche Unterstützungssysteme (ambulant, stationär, Krisendienste) passend sind

  • eine unabhängige Einschätzung, wenn bereits Empfehlungen vorliegen

Es geht nicht darum zu verurteilen, sondern zu verstehen, welche Schritte jetzt notwendig und realistisch sind.

Wann professionelle Hilfe sinnvoll ist

Weitere Unterstützung sollte erwogen werden, wenn:

  • Selbstverletzung wiederholt auftritt

  • der Jugendliche von starker Überforderung spricht

  • suizidale Gedanken häufiger werden

  • emotionale Instabilität den Alltag deutlich beeinträchtigt

  • Rückzug, Hoffnungslosigkeit oder sozialer Abbruch zunehmen

  • der Jugendliche äußert, „keine Kraft mehr zu haben“

Ich helfe einzuschätzen, ob der Bedarf akut, zeitnah oder beobachtend ist – und welche Wege fachlich sinnvoll sind.

Was in der Beratung nicht stattfindet

Die Beratung dient der Orientierung, nicht der Behandlung. Sie erhalten

  • keine abschließenden Diagnosen,

  • keine Verordnungen oder Rezepte,

  • keine laufende Psychotherapie.

Falls eine Behandlung nötig ist, sollten Sie einen Kinder- und Jugendpsychiater oder Kinder- und Jugendpsychotherapeuten vor Ort aufsuchen.

Handeln und in Aktion treten

Häufig gestellte Fragen

Selbstverletzung dient fast immer der Regulation überwältigender innerer Zustände. Jugendliche berichten, dass sie Anspannung, Leere, Wut, Selbstkritik oder emotionale Taubheit kaum aushalten. Die Verletzung verschafft oft kurzfristige Erleichterung – nicht, weil sie „Aufmerksamkeit“ wollen, sondern weil ihnen funktionale Bewältigungsstrategien fehlen.
Selbstverletzung ist ein ernstzunehmendes Symptom, nicht ein Zeichen von Schwäche.

Hinweise können sein:

  • lange Kleidung bei warmem Wetter

  • Vermeidung bestimmter Körpertätigkeiten (z. B. Sport)

  • auffällige Kratzer, Schnitte oder Verbrennungen

  • Rückzug

  • plötzliches Verstecken von Gegenständen

  • verändertes Verhalten nach Konflikten

Viele Betroffene verbergen ihre Verletzungen bewusst. Eltern sollten aufmerksam sein, aber ohne Druck oder Konfrontation reagieren.

Selbstverletzung dient meist der Bewältigung von Anspannung, nicht der Absicht, sich das Leben zu nehmen.
Suizidalität beschreibt Gedanken, Impulse oder Pläne, das eigene Leben zu beenden.
Beides kann jedoch nebeneinander auftreten.
Gerade deshalb ist eine fachärztliche Einordnung so wichtig, um Dringlichkeit korrekt zu bewerten.

Ja. Der kurzfristige Abbau von Spannung wirkt für viele Jugendliche entlastend. Das führt dazu, dass sie in belastenden Situationen erneut zu dieser Strategie greifen.
Es handelt sich nicht um eine klassische Sucht, aber um einen Wiederholungsmechanismus, der sich verfestigen kann.

Hilfreich ist:

  • ruhig bleiben

  • nicht schimpfen, drohen oder bestrafen

  • aufrichtiges Interesse zeigen

  • den Jugendlichen ernst nehmen

  • zu verstehen versuchen, was dahintersteckt

Nicht hilfreich sind:

  • Vorwürfe

  • moralische Appelle

  • Kontrolle des Körpers

  • Abwertung („du willst nur Aufmerksamkeit“)

Wichtig ist, dass Sie als Eltern Regulation statt Eskalation ermöglichen.

Zuhören, ernst nehmen, ruhig fragen.
Kein Wegschieben, kein Dramatisieren.
In akuten Fällen sofort Hilfe: 112, 116117, 0800 1110111, 116111.
Nicht jeder Gedanke bedeutet akute Gefahr – aber er sollte immer fachlich eingeordnet werden.

Sofort, wenn:

  • konkrete Suizidgedanken oder Pläne geäußert werden

  • Selbstverletzung häufiger oder intensiver wird

  • der Jugendliche kaum noch Energie hat

  • starke depressive Symptome sichtbar sind

  • Rückzug und Hoffnungslosigkeit zunehmen

Die telemedizinische Beratung hilft, Dringlichkeit einzuordnen – akute Gefahr jedoch erfordert sofortige Hilfe.

Scham, Angst vor Konsequenzen, Misstrauen gegenüber Erwachsenen oder das Gefühl, „niemand versteht das“.
Viele Jugendliche wollen niemanden belasten oder fürchten, überreagiert werde. Ein ruhiger, wertfreier Rahmen öffnet oft erst die Tür.

Ja. Selbstverletzung ist immer ein Hinweis auf eine Überforderung – aber nicht zwingend Zeichen einer bestimmten Störung. Sie kann auftreten bei Stress, Mobbing, Traumafolgen, Angst, Depression oder als kurzfristige Regulation.

Ja. Viele Jugendliche sprechen in einem geschützten Rahmen offener. Wir klären vorab, welche Informationen zurückfließen sollen und welche vertraulich bleiben.

Wenn akute Suizidalität, schwere Selbstverletzung, anhaltende Krisen oder starke Überforderung bestehen.
Kriterien bespreche ich klar in der Beratung.